Unbended: Interview mit Franz Stradal
Skrei am 18.09.2014
Ihr wollt wissen, was es mit dem Action-Rollenspiel Unbended auf sich hat und wer eigentlich hinter dem Projekt steckt? Dann haben wir genau das Richtige für euch. Wir haben uns nämlich Franz Stradal (zuständig für die Technische Leitung, Konzeptentwicklung und Gesamtleitung) geschnappt und ihm einige Fragen zu Unbended gestellt.
CSP:
Hallo Franz. Vorweg erst einmal vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Stell dich und dein Team doch am besten einfach mal vor, damit unsere Leser überhaupt wissen, mit wem sie es hier zu tun haben. Wer seid ihr, was macht ihr und was gibt es heute im Büro zum Mittag? Das Übliche halt.
Franz:
Hi Sebastian, das mache ich doch immer gerne. Tja, was gibt es zu uns zu sagen? Wir machen Computerspiele seit über 20 Jahren; und gefühlt sind es noch ein paar mehr. Jeder von uns hatte einen anderen Einstieg in die Branche und kümmert sich jetzt, entsprechend seiner Fähigkeiten, um andere Aufgaben in der Pre-Production. Norbert kommt aus dem Product Management und der Marketing-Ecke, also von dort, wo die Feder stärker ist als das Schwert. Er ist ein fanatischer Schreiber, und in UNBENDED kümmert er sich um Content Creation. Marcs Vita beginnt bei Finanzen und Projektleitung, allerdings hat er seit den 90ern vor allem Gamedesign gemacht. Damit ist er bei UNBENDED auch der Senior Game-Designer. Peter ist studierter Designer und hat schon viele Projekte in der Industrie, aber noch mehr in der Welt der Spiele gestaltet. Er wird bei UNBENDED die Rolle des Art Directors einnehmen. Ich selber habe als freier Programmierer angefangen und das bis Sacred 1 auch aktiv betrieben, bin aber schon lange vorher vor allem im Producing und Vision Creation tätig gewesen. Für UNBENDED bin ich Game Director. Unser “Mr X” (den gibt es bereits, seinen Namen dürfen wir aber erst später verraten), ist ein sehr erfahrener Executive Producer. Er wird CEO und Producer für UNBENDED. Soviel zu den Formalien. Wir kennen uns, wir verstehen uns, und wir haben alle schon Projekte in dieser Größenordnung realisiert, so bekommt das alles eine sehr solide Basis. Was wir derzeit in erster Linie machen, ist zusammenhocken, im echten Leben und auch virtuell, Dokumente produzieren, Prototypen bauen und die Produktion vorbereiten. Wir sind alle schon zu lange mit dabei, um noch naiv zu sein. Einfach mal mit dem Coden und Malen anfangen, ist der schnellste Weg in den Orkus der gescheiterten Projekte. 60 -70 % Planung und Papierarbeit, 30 – 40 % Produktion, das ist eine realistische Zeiteinteilung. 30 % der Produktion nimmt erfahrungsgemäß die Pre-Production ein, und da sind wir gerade mittendrin. Da wir sehr viel dezentral arbeiten, findet vieles per Google Docs, Trello und Hansoft statt. Bei mir gab es heute Mittag Orangensaft, bei den anderen müsste ich nachfragen.
CSP:
Der Versuch, ein Spiel ohne einen großen Publisher im Rücken auf die Beine zu stellen, ist ja erst einmal nicht verkehrt. Jedoch erfordert so ein Vorhaben eine gehörige Portion Mut, Glauben an das Projekt und natürlich einen ordentlichen Batzen Kohle. Letzteres findet man leider nicht, wenn man mit Schild und Schwert bewaffnet im Wald herumstapft und die einheimische Fauna platt macht. Das mag bei Sacred, Torchlight oder Titan Quest funktionieren, aber in der Realität wird das so leider nix mit riesigen Reichtümern. War es eigentlich sehr schwer, das Team von der Idee Unbended ohne Publisher zu entwickeln, zu überzeugen? Und wie handhabt ihr die Finanzierung dieses Vorhabens?
Franz:
Die Pre-Production haben wir bis jetzt aus eigener Tasche bezahlt. Für den nächsten Schritt überführen wir die bisherigen Ergebnisse in die Produktion und einen Vertical Slice (Prototyp in finaler Qualität). Hier kommen dann zum ersten Mal unsere bisher erhaltenen Spenden zum Einsatz. Das Team war sich von Anfang an einig, ohne einen Publisher als Investor zu arbeiten. Wir hätten sonst gar nicht erst angefangen. Wenn uns die Vergangenheit eines gelehrt hat, dann das: Die Interessen von Publisher und Spielentwickler sind in der gesamten Entwicklungsphase einfach zu unterschiedlich. Grundsätzlich sind uns Investoren willkommen, sofern sie in unser Unternehmen und dessen Erfolg investieren wollen; ein Mitspracherecht im Projekt gibt es dafür allerdings nicht.
CSP:
Wenn man sich eure “Vergangenheit” mal etwas genauer anschaut, ist es verständlich, dass ihr erst unter dem Namen Unsacred angefangen habt. Warum ist aus Unsacred eigentlich Unbended geworden?
Franz:
Wenn Du in die Vergangenheit schaust, siehst Du, dass wir mit ARMALION (Das Schwarze Auge) angefangen haben. Sich davon zu lösen und Sacred zu machen, war die beste Idee, die wir je hatten. Das Spiel UNBENDED zu nennen, statt Unsacred, bietet uns diesen Vorteil wieder. Mag sein, dass die Umbenennung zunächst eine juristische Notwendigkeit war, aber wir sehen es mittlerweile eher als Vorteil: Wir können eine Vision umsetzten, ohne Ballast mit uns herumzuschleppen. Aus dem vermeintlichen „Notnagel“ ist schon fast ein Markenname geworden. Viele unserer englischsprachigen Freunde und Supporter bestärken uns in dieser Meinung. Es hat diesen gewissen Klang und ist sehr „unique“. Wir lieben den Namen mittlerweile.
CSP:
So, nun aber mal “Butter bei die Fische”. Was genau soll Unbended eigentlich werden, wie viel Sacred kann man in dem Spiel erwarten (das musste ich einfach fragen), und habt ihr eine Art Roadmap für die Entwicklung?
Franz:
Das ist einfach zu beantworten. Es wird ein Action RPG mit einer absolut offenen Welt. Wir haben echte Archetypen als Helden und präsentieren diese in einer epischen Story. Von der alten Sacred-DNA ist gewiss einiges vorhanden: Humor, Items ohne Ende, freie Skill- und Charakterentwicklung, Hunderte von Nebenquesten und sehr viel Exploration.
Aber: Wir machen auch vieles völlig anders. Das fängt damit an, dass die Welt am Stück gemalt ist und nicht aus einem Editor stammt, der auf sich wiederholenden Einzelteilen basiert. Das Setting ist zwar Fantasy, aber kein plattes Tolkien-Universum (Menschen, Orks, Zwerge und Elfen kämpfen um die Vorherrschaft). Das sieht man schon an den Charakteren, die wir vorgestellt haben. UNBENDED präsentiert eine Menschenwelt, die sich unter dem Einfluss der Drift rasant verändert. Hell, farbstark und kontrastiert mit Horrorelementen.
Die Drift, eine Naturgewalt, so etwas wie beschleunigte Evolution und Magie gleichzeitig, steht dabei im Vordergrund. Die verschiedenen Fraktionen im Spiel, versuchen sie zu ihrem Vorteil zu nutzen, was Menschen tunlichst unterlassen sollten. Durch die Drift entstehen viele widerliche Kreaturen wie z.B. die Nachtmahre, eine Mischung aus Mensch und Spinne. Die Schöpfung wird auf grausame Weise karikiert, und teilweise nehmen finstere Albträume Gestalt an. Wer weiß? Vielleicht sind Elfen, Zwerge und Orks am Ende ja auch Wesen, die die Drift aus Menschen geschaffen hat? Und wer weiß, wie die Welt nach UNBENDED aussehen wird? Das Setting ist also klar anders als bei Sacred und anderen Fantasy RPGs; dabei bleibt die Spielmechanik jedoch klassisch. Um nicht da stehen zu bleiben, wo wir schon waren, entwickeln wir die Mechanik allerdings weiter. Wir führen z.B. Crafting, Pathfinding und Unlocking ein; entschuldige bitte das „Denglish“, aber RPGler werden es verstehen. Besonders das Crafting wird bei UNBENDED sehr wichtig. Der Spieler bekommt damit die Möglichkeit, mit eigenen Rezepten absolut einzigartige Items zu erschaffen, die er so niemals finden kann. Es geht nicht darum, Heiltränke oder andere Sachen, die man auch so bekommen kann, „zu kochen“, sondern in der gesamten Item-Mechanik einen neuen Weg zu gehen, der deutlich mehr Individualität ermöglicht. Rollenspieler werden es lieben, da sind wir uns ziemlich sicher.
Pathfinding und Unlocking sind ideal, um Suspense- und Horror-Elemente zu verstärken. Ohne Pathfinding finde ich den Weg ins Dungeon nicht; mit zu wenig Pathfinding-Skill komme ich vermutlich rein, aber ich finde wahrscheinlich nie wieder raus. Das Unlocking ist zwar eher ein Fun-Skill, funktioniert aber wunderbar: Öffne ich eine Truhe, die magisch gesichert ist, passiert entweder nichts, oder ich sprenge mich aus dem nächsten Fenster. Ganz wichtig für uns: UNBENDED wird sehr einfach spielbar. Alles wird mit nur einer Taste, z.B. der linken Maustaste, erreicht. Weitere Buttons oder Tasten sind bestenfalls mit Komfortfunktionen belegt. Da bleiben wir uns selber treu und so schließt sich auch der Kreis, was das Original-Sacred angeht.
CSP:
Wirft man mal einen Blick in euren FAQ, stellt man ganz schnell fest, dass immer wieder Fragen auftauchen, die sich auf die Sacred-Reihe beziehen. Ich selbst stehe tierisch auf Sacred 1 & 2, hoffe aber, dass sich Unbended nicht zu stark an diesen Spielen orientiert. Viel mehr hoffe ich auf eine starke neue IP mit vielen eigenständigen Elementen und ausgetüfteltem Gameplay. Wie geht ihr mit den Erwartungen eurer Community um, und wie viel Community-Feedback wird schlussendlich in das Spiel mit einfließen?
Franz:
Siehe oben. Wir werden uns nicht wiederholen, darum ging es von Anfang an nicht. Wir wollten dort ansetzen, wo wir damals gezwungenermaßen aufhören mussten. Sicher ist: Alte Sacred-Zocker werden sich wohlfühlen, aber UNBENDED ist trotzdem sehr eigenständig. Auch die Charaktere entsprechen teilweise nicht unbedingt denjenigen, wie man sie in einem klassischen Fantasyuniversum vermuten würde. Wir haben so einfach sehr viel mehr Freiheiten.
Von der Community kommen sehr viele gute Anregungen. Natürlich übernehmen wir alle Gräber, NPCs und Dörfer so ins Spiel. Dabei bekommen die NPC je eine Quest und die Bürgermeister in den Dörfern eine Questkette. Anregungen nehmen wir sehr ernst und lassen uns davon auch gerne beeinflussen. Wir machen das Spiel ja nicht für uns selbst, sondern für möglichst viele Spieler. Dass wir nicht alles umsetzten können, ist natürlich klar. Manches würde schlicht nicht passen; rosa Einhörner werden Dir in Aetherra definitiv nicht begegnen.
CSP:
In Zeiten von Steam, Origin, Uplay und wie sie nicht alle heißen, hat man sich schon fast damit abgefunden, dass man immer online sein muss, um mal schnell eine Runde zu zocken. Und auch Dinge wie Day-One-DLC und Vorbesteller-Boni gehören ja mittlerweile leider zum Zocker-Alltag. Dadurch wird bei Spielen nicht selten ein ordentliches Stück Content zurückgehalten, um später noch mal den ein oder anderen Taler extra verdienen zu können. Viele Zocker haben grundsätzlich nichts gegen DLC oder Add Ons, würden aber ganz gern komplette Spiele zum Release zocken und das auch noch wann und wo sie wollen. Wie seht ihr das mit dem DRM, und welche DLC-Philosophie möchtet ihr mit Unbended verfolgen?
Franz:
Es wird auf jeden Fall eine Boxed Version von UNBENDED geben. Das ist nicht verhandelbar. Wer eine Box will, wird seine Box bekommen. Ich wäre z.B. so jemand, der das will. Ansonsten wird es definitiv kein Free2Play; alleine der Gedanke ist schauderhaft. Auch werden wir nicht zum Release den größten Teil als DLC anbieten. Das Spiel ist das Spiel, und es gibt eine Version für alle; keine versteckten Zusätze etc. Wir sind Old School. Und stolz drauf.
CSP:
Zu guter Letzt hätte ich von dir ganz gern noch mal fünf gute Gründe, warum ich einmal weniger Pizza futtern sollte und warum die dadurch gesparte Kohle bei euch besser aufgehoben ist. Ach ja…in Anbetracht eurer “Ascaron-Vergangenheit” möchte mein Kollege, der alte Anstoß-Suchti, unbedingt noch wissen, ob es in Unbended lustige Easter-Eggs geben wird. Insbesondere natürlich irgendetwas, das mit Anstoß zu tun hat. Wobei ich persönlich ja eher zu “Schniepel” tendieren würde. Sacred-Fans werden mir da ganz sicher zustimmen.
Franz:
1. „Das ist die Chance für Dich, Teil von UNBENDED zu sein. Grab, NPC oder Dorf.“ Bietet auch kein anderes Spiel.
2. „Ich war von Anfang an dabei. Ich bin Augenzeuge und Geburtshelfer der Legende von UNBENDED. Und Alter – ICH stehe in den verdammten CREDITS – .“
3. „Ich gebe euch mein Bestes. Nicht das Geld, sondern meine tollsten Ideen.“
4. „Hey Schatz. Ich hab Dir zum Jahrestag einen Grabstein gekauft…“ Es macht Deine Freunde neidisch. Ist auch ein tolles Geschenk.
5. „Hilft uns unabhängig von Dritten, Dein Spiel zu bauen.“ Mit Eurer Spende macht Ihr es wahrscheinlicher, dass wir ohne Druck durch Dritte arbeiten können und keine Kompromisse machen müssen.
Wer unsere Arbeiten kennt, kennt auch unseren ausgeprägten Sinn für Unsinn. Damit ist die Frage nach Easter Eggs natürlich eine rein rhetorische. Anstoß…? Mhm…vielleicht. Wir sind nicht ganz sicher, ob noch viele Leute leben, die sich daran erinnern können.
CSP:
Vielen Dank nochmal für das Interview, und ich drücke euch für Unbended so ziemlich alles, was man drücken kann. Ich wünsche euch viel Erfolg, Ausdauer und hoffentlich auch bald einen Namen für euer Entwickler-Team.
Franz:
Vielen Dank, auch Dir für den tollen Support.
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